Hochmut kommt vor dem Fall oder das Jahr 1180

In der Geschichte der Burg Lichtenberg ist das Jahr 1180 das erste, in dem sie in schriftlichen Zeugnissen des Hochmittelalters erwähnt wird. Burg und Besitzer kamen beide zu Fall. Zuerst der Besitzer, Heinrich der Löwe, viel später - 372 Jahre danach - die Burg durch Kanonen, für die sie keine Abwehrkräfte besaß.

Der Grund für des Herzogs Fall lag im Ausbruch eines Streites zwischen zwei Vettern: Kaiser Friedrich I., Barbarossa ( * um 1122 ) und Heinrich der Löwe ( * um 1129/1130 ), Herzog von Sachsen und Bayern.

Die Burg Lichtenberg gehörte Heinrich dem Löwen aus dem Haus der Welfen. Sein Vetter, der Kaiser, war Angehöriger des Staufergeschlechts. Des Kaisers Mutter, Judith, war Welfin und Schwester des Vaters von Heinrich dem Löwen: Heinrich der Stolze, Welfe. Der wiederum war der Ehemann einer Kaisertochter: Gertrud, Tochter des Kaisers Lothar III., hätte also durchaus auch Kaiser werden können. Er wurde es nicht, die Geschichte verlief anders.

Sowohl Barbarossa als auch sein Vetter Heinrich besaßen also denselben Großvater: Heinrich der Schwarze. Infolgedessen - dazu fast gleichaltrig - waren der Kaiser und sein Cousin die längste Zeit eng miteinander verbunden. 1156, vierzehn Jahre nach dem Wiedererhalt des Herzogtums Sachsen aus der Hand Konrads III., dem Vorgänger Friedrichs I. auf dem Kaiserstuhl, erreichte Heinrich auch wegen seiner kaiserlichen Unterstützung die Rückgabe des von Konrad III. eingezogenen Herzogtums Bayern. Heinrich der Löwe galt hinfort als der mächtigste Reichsfürst. Und war dennoch dem Kaiser zu Treue und Kriegsdiensten verpflichtet.

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Eine Pflicht, mit der Heinrich der Löwe in einer Reihe von Jahren zwischen 1154 - ca. 1176 seinen Vetter vorwiegend in dessen Kampf gegen die nach Unabhängigkeit strebenden oberitalienischen Städte der Lombardei wie beispielsweise Mailand und Tortona gern unterstützte. Während mehrerer Kriegszüge gegen die rebellierenden lombardischen Städte, die sich im Verlauf des Widerstands gegen den Kaiser zum Lombardischen Bund zusammenschlossen, war Heinrich stets an der Seite Barbarossas zu finden.

Seit Mitte der vierziger Jahre des 12. Jh begann der Welfenherzog jedoch eher an eigenen Machtzuwachs zu denken. Infolgedessen geriet er in heftige Konflikte mit seinen sächsischen Edelleuten und Bischöfen. Konflikte, die jeweils in Kriegszügen durch die sächsischen Lande endeten. 1167 erreichte die Kriegskoalition gegen Heinrich den Löwen durch das Bündnis der Erzbischöfe von Magdeburg und Köln ihren Höhepunkt, "denn alle Fürsten kämpften gegen den Herzog. Krieger wurden gefangen genommen und verstümmelt, Burgen und Häuser zerstört, Städte niedergebrannt". Das Volk litt. Zwischen 1168 und 1170 schlichtete Barbarossa den Konflikt auf mehreren Hoftagen in verschiedenen Städten. Im Juni 1169 erreichte der Kaiser auf einem Hoftag in Bamberg einen Friedensschluss. Das Ende des sächsischen Kriegs im Sommer 1170 konnte erst durch Barbarossas Interventionen auf einem Erfurter Hoftag besiegelt werden. Durch die Unterstützung des Kaisers gelang es Heinrich, seine herausragende Stellung und Herrschaft uneingeschränkt zu bewahren. ( Auszug Wikipedia)

Karte des Herzogtums Sachsen und des Besitzes (Hausmacht) von Heinrich dem Löwen kurz vor der Zerschlagung um 1180.  (eine vergrößerte Darstellung erhalten Sie durch Klick auf das Bild! entnommen Wikipedia)

Das Ende dieser herausragenden Stellung wurde 1176 in Chiavenna (s. Karte) eingeleitet. Der von seiner Stärke überzeugte Herzog versagte sich nach Ablehnung seiner Forderung nach Rückgabe der 1168 verlorenen Stadt Goslar einer dringenden Bitte des Kaisers um weitere Unterstützung eines erneuten Kriegszuges gegen den Lombardenbund. Barbarossa sah den Krieg als unausweichlich an, zog nach Italien und verlor den Kampf in der Schlacht von Legnano (nordwestlich von Mailand gelegen. s. Karte). Die bisher enge Verbindung zwischen Heinrich und Friedrich I. erhielt Risse. Risse, die im weiteren Verlauf der Geschichte nicht mehr zu kitten waren. Im Zusammenhang mit den Streitigkeiten zwischen Heinrich und dem sächsischen Adel, der 1178 seinen Höhepunkt in der Vertreibung des Bischofs von Halberstadt erfuhr, und zu einer Klage des Bischofs von Köln führte, wurde Heinrich im Januar 1179 zu einem Hoftag nach Worms zitiert. Hochmütig und im Glauben, damit seine Schuld anzuerkennen, erschien er jedoch nicht. Ein schweres Vergehen gegen die Ehre des Kaisers und des Reiches, zu dem noch die Anklage wegen Landfriedensbruch hinzukam, und die mit der Acht zu bestrafen war. Sie wurde im Juni 1179 in Magdeburg verhängt. Auf Druck der Fürsten sollte ein lehnsrechtlicher Prozess, der den Kaiser an das Urteil band, gegen den aufsässigen Löwen geführt werden. Der Widerstrebende wurde erneut zu Hoftagen bestellt, um doch zu keinem zu erscheinen. Auf dem letzten Hoftag im Januar 1180 in Würzburg erfolgte daraufhin die Verhängung der Oberacht und die Aberkennung aller Ehren als Reichsfürst. Im April 1180 auf dem Hoftag von Gelnhausen kam die Verurteilung als Majestätsverbrecher hinzu. Alle dem Unbeugsamen verliehenen Reichslehen wurden eingezogen.

Und davon war dann eben auch die Burg Lichtenberg betroffen.

Das Urteil musste während einer Heerfahrt ( - der Kaiser hochselbst an der Spitze seines Heeres - Anm. Verf. ) durchgesetzt werden. Heinrich, unfähig und nicht willens, das Urteil anzuerkennen, eröffnete bereits im April 1180 den Reichskrieg mit einem Angriff auf die staufische Pfalzstadt Goslar und der Gefangennahme des Landgrafen Ludwig III. von Thüringen. Im Sommer führte der Kaiser daraufhin einen zweimonatigen Verwüstungsfeldzug in Sachsen und erschien alsbald mit dem Heer auch vor der Burg Lichtenberg. Ein Hoftag am 15. August in der Königspfalz Werla forderte Heinrichs Anhänger auf, ihn spätestens bis zum 11. November zu verlassen, wenn sie ihre Lehen und Dienstgüter behalten wollten. Heinrichs Herrschaftssystem, das kaum Rücksicht auf Gefolgs- und Dienstleute genommen hatte, brach daaufhin rasch zusammen. Der Großteil der welfischen Burgen - Ilfeld, Scharzfeld, Herzberg, Lichtenberg, Staufenberg, Heimburg, Blankenburg, Regenstein, Lauenburg - fiel sofort an den Kaiser. Heinrich verblieben nur die Hauptorte Lüneburg, Braunschweig und Haldensleben. Aus diesem Grund konnte Barbarossa sein Heer bereits im Herbst 1180 entlassen. Im November 1181 unterwarf sich Heinrich der Löwe auf dem Hoftag von Erfurt. Seinen sächsischen Allodialbesitz durfte er behalten, seine beiden Herzogtümer waren jedoch verloren. (Auszug aus Wikipedia). Darüber hinaus wurde er 1182 aus dem Reich verbannt und musste in's Exil zu seinem Schwiegervater Heinrich II. von England gehen. Im Juli 1182 verließ er Deutschland und kehrte erst im Herbst 1185 nach Braunschweig zurück.

Barbarossas Forderung 1188 nach Teilnahme Heinrichs am 3. Kreuzzug und dessen Weigerung, zwangen den Löwen erneut in's Exil. Seine Frau Mathilde blieb in Braunschweig und starb dort 1189. Der Gebannte kehrte daraufhin früher als erlaubt und daher eidbrüchig aus England zurück und verlangte die Rückgabe seiner Territorien.

Am 10. Juni 1190 ertrank Kaiser Barbarossa auf dem Weg zum 3. Kreuzzug - jenem, dem Heinrich sich verweigert hatte - im Fluss Saleph (Nähe Seleucia, Kleinarmenien). Sein Sohn und Nachfolger, Heinrich VI., musste ebenso wie sein Vater erneut Krieg gegen den Aufsässigen führen da dieser bereits kurz nach seiner Rückkehr nach Deutschland erneut zur Macht griff. Ereignisse in Italien zwangen den Jungkaiser jedoch, einen vorläufigen Frieden mit Heinrich zu schließen. Er setzte den einst so Mächtigen 1194, ein Jahr vor dessen Tod, wieder in die volle Gnade des Kaisers ein. Auf dem Weg zur Pfalz Tilleda, wo die Wiedereinsetzung erfolgen sollte, ließ Schnee den ehemals so hervorragenden Reiter Heinrich der Löwe vom Pferd fallen. Der Gestürzte musste sich zur Krankenbehandlung in die Obhut der Mönche des Klosters Walkenried begeben. Die Verletzungen waren jedoch so heftig, dass er an den Folgen ein Jahr später, am 6. August 1195, in Braunschweig starb. Er wurde in der Kirche des heiligen Bischofs und Märtyrers Blasius vor dem Hochchor des Braunschweiger Domes in einer Gruft neben seiner Ehefrau Mathilde beigesetzt.